1483 – Eine Pilgerfahrt und das Wahrzeichen Münchens 

von | 2023 | Muslimische Spur

1483 begleitete Bernhard von Breydenbach, Domherr zu Mainz, den Grafen Johann von Solms auf einer Pilgerfahrt nach Jerusalem. Er verbrachte rund eineinhalb Jahre im Heiligen Land und besuchte auch den Berg Sinai.  

Sein mit zahlreichen Illustrationen bebilderter Reisebericht, der 1486 erschien, war ein Bestseller seiner Zeit. Seinen Erfolg erreichte er vor allem durch zwei Umstände: Der erst 1440 erfundene Buchdruck erlaubte eine große Auflage und die Ausgabe in deutscher Sprache erreichte nicht nur akademische oder kirchliche Kreise, sondern ein breites Publikum.

Die Veröffentlichung in Deutsch war damals nicht üblich, war sogar durch ein Zensuredikt seines Bischofs stark eingeschränkt. Breyenbach erkennt jedoch den pädagogischen Wert des neuen Mediums. Sein Pilgerbericht ist ein Meilenstein in der Buch- und Literaturgeschichte, trägt zur Allgemeinbildung seiner deutschen Leser bei und ist eines der ersten „Massenmedien”, dass das Bild vom Orient in Deutschland beeinflusst. 

 

Civitas Iherusalem aus: Breydenbach, Bernard von. Peregrinatio in Terram Sanctam. Mainz, 1486.

Auch die Baumeister der Münchner Frauenkirche stoßen auf dieses Buch. Das heutige Wahrzeichen Münchens wurde zwischen 1463 und 1488 erbaut. Als sie die Illustrationen von Jerusalem im Pilgerbericht sehen, sind sie besonders beeindruckt von der großen Kuppel, die sich majestätisch über der Altstadt erhebt. In Breydenbachs Buch wird dieses Gebäude als Tempel Salomos bezeichnet. 

Moment mal! Der Tempel Salomos? 

Im Reisebericht des Domherrn zu Mainz Bernhard von Breydenbach nach Jerusalem von 1486 ist ein imposantes Gebäude mit Kuppel illustriert, dass er als Tempel Salomos bezeichnet. In Wirklichkeit handelt es sich dabei um den Felsendom. Der Felsendom ist eines der Hauptheiligtümer und einer der ältesten Sakralbauten des Islam. Er wurde zwischen 687 und 692 erbaut und gilt im Islam als der Ort, von dem aus der Prophet Muhammed seine Himmelsreise (Al-Miradsch) antrat. In den ersten 12 Jahren des Islam, bis ins Jahr 624, beteten Muslime in Richtung Jerusalem, so dass der Felsendom quasi das Zentrum der muslimischen Welt darstellte. Die Kuppel hat einen Durchmesser von rund 20m und eine Höhe von 11m. Seit 1962 ist sie vergoldet und bestimmt auch heute noch die „Skyline” Jerusalems. 

Die Baumeister der Frauenkirche beschlossen sofort die Turmbekrönung zu ändern. Auch München sollte mit solch einem architektonischen Meisterwerk geschmückt werden. 

Statt der damals üblichen Turmspitzen plante man daher zwei Kuppeln auf die Türme der Frauenkirche zu setzen.  

Die Planung und Umsetzung dieser Kuppeln dauerte noch einige Jahre, aber im Jahr 1525 waren beide Kuppeln fertiggestellt. 

Die Baumeister haben recht behalten, kaum eine Postkarte Münchens kommt ohne die beiden Kuppeln aus, sie geben dem Panorama der Innenstadt ein unverwechselbares Gesicht. 

Sie sollen uns an Jerusalem erinnern, haben das Vorbild in einer Moschee und sind somit auch eine muslimische Spur in deutscher Heimat. 

Zum Weiterlesen: 

Stefan Jakob Wimmer, München und der Orient, München 2012 

 Bildnachweis: 

Bild der Marienstatue vor den Türmen der Frauenkirche Fotogarf: Michael Pfaff SmF 

Panorama von Jerusalem aus: Breydenbach, Bernard von. Peregrinatio in Terram Sanctam. Mainz, 1486.  

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